Praxis

Die praktische Ausbildung - endlich ab in die Luft

Bereits während der Theorieausbildung geht man das erste Mal mit seinem Fluglehrer in die Luft. Man sitzt in einer Schulmaschine (in der Regel eine Cessna C150 oder die Katana DA20) und fliegt von Anfang an selbst.

Hier ist es wichtig zu erwähnen, dass der Fluglehrer einem bereits in der ersten Flug-Viertelstunde Respekt vor dem Flugzeug und der dritten Dimension vermittelt. Mein Fluglehrer hatte hierfür die Idee, mir kurz nach dem Start in Egelsbach über der A5 das Gas herauszuziehen: “Schau mal, wir können auch den Motor ausmachen”. Ich fand es gar nicht lustig, denn es ging sogleich bergab – der Respekt war da – und ist es immer noch! Nicht, dass man gleich runterfällt, wenn der Motor ausfällt. Nein, man kann ganz normal weiterfliegen, nur halt eben in einem steten Sinkflug, dem sogenannten Gleitflug. Aber dem unbedarften Flugschüler, der ganz nervös seinen ersten Flug machen darf, kommt so etwas zunächst unerwartet in die Quere. Und das steigert den Respekt merklich. Und das ist gut so!

20160505-MarkusMichalski-MMI_7151 Zunächst lernt man geradeaus zu fliegen und die gewünschte Flughöhe zu halten. Bald darauf lernt man, beides gleichzeitig zu tun. Man fliegt flache Kurven und bekommt ganz langsam Vertrauen in das unbekannte Objekt. Schon bald macht man Steilkurven, lernt gleichzeitig eine Kurve zu fliegen und dabei Geschwindigkeit und Höhe zu halten, man simuliert Stalls (den oft gefürchteten Strömungsabriss, bei dem der Auftrieb des Flugzeuges verloren geht und man sehr schnell sehr viel Höhe verlieren kann, wenn man nichts dagegen tut) und begreift sehr schnell, dass diese Übungen dazu dienen, das Verhalten des Flugzeuges auch in diesen Situationen zu begreifen und zu beherrschen. Durch das “Erfliegen” der Flugzustände im Langsamflug mit oder ohne Landeklappen, in Kurven oder geradeaus – jedenfalls immer mit genügend Luft unter den Flügeln, sprich in ausreichend großer Flughöhe – bekommt man ein Gefühl für “sein” Flugzeug, um es auch in Bodennähe sicher fliegen zu können. In diesem Zusammenhang fällt mir gerade ein, dass es schon recht seltsam ist, dass fast jeder Flugschüler am Anfang Angst vor dem Boden hat. Wahrscheinlich liegt es daran, dass einem – je näher man dem Boden kommt – die tatsächliche Geschwindigkeit immer bewusster wird. Dies zu überwinden, dauert mitunter eine ganze Weile.

Aber weiter im Text. Man macht Notlandeübungen (Ziellandungen), bei denen der Fluglehrer in ausreichender Höhe über einem ausgewählten Flugplatz das Gas herauszieht und man ohne Motorleistung die Landebahn im ersten Drittel sicher erreichen muss. Hierbei sind auch Flugmanöver erlaubt, die von außen dann etwas “unprofessionell” aussehen und die Besucher auf der Flugplatzrestaurant-Terrasse rufen “Was ist das denn für ein Idiot” oder “Der stürzt ja ab” oder so. Es sieht eben manchmal komisch aus. Aber: Wir simulieren hier eine Notsituation, und da ist innerhalb der Betriebsgrenzen des Flugzeuges alles erlaubt, was zu dem gewünschten Erfolg führt. Denn im Notfall geht es nicht, dass man den verkorksten Anflug abbricht und es nochmal probiert, sondern es gibt nur einen Versuch. Und der muss sitzen. Also: Abzug in der B-Note, dafür eine sichere Landung und alles wird gut.

Stichwort Anflug abbrechen: Ein ganz normaler Vorgang, ein ganz normales Flugmanöver. Man übt dies während der Ausbildung immer wieder. Für Piloten also normal. Nicht immer für die Passagiere, die von diesem Manöver in der Regel überrascht werden. Man sieht die Landebahn immer näherkommen, das Flugzeug gleitet mit wenig Motorleistung Richtung Erde. Gleich macht es RUMMS, und die Erde hat uns wieder. Da plötzlich wird es laut im Flieger, man wird durch die Beschleunigung in den Sitz gepresst, die Nase geht nach oben und die Gegenstände auf der Erde werden wieder kleiner. Da kann man sich schon mal erschrecken: der Pilot startet durch. Es gibt viele Gründe, die man nennen könnte, warum ein Pilot durchstartet. Nur einer ist immer dabei: Der Pilot kann eine sichere Landung nicht zweifelsfrei sicherstellen. Und dann gibt es nur eines: konsequent durchstarten. Ohne Kompromisse! Und das wird von den unbedarften Passagieren oft als gefährlich eingestuft. Oder vielleicht sogar in Frage gestellt (“Warum konnte das Flugzeug vorher landen, warum konnte das mein Pilot nicht?”) Dies ist aber falsch. Denn der gute Pilot entscheidet sich immer zum Durchstarten, bevor er mit dem Gedanken landet “wird schon gut gehen…”

Die ersten Alleinflüge – ohne Fluglehrer auf dem rechten Sitz

FVL0240 Irgendwann einmal, wenn eine gewisse Anzahl an Platzrundenflügen ins Land gegangen sind und der Flugschüler den Fluglehrer fragt, wann man denn mal wieder zusammen Platzrunden fliegen wolle, wird der Fluglehrer etwa mit folgenden Worten antworten:”…ich habe heute keine Zeit! Aber ich habe schon einen anderen Fluglehrer für Dich organisiert. Der fliegt heute mal mit Dir!” Dieser Satz klingt banal. Ist er aber nicht. Denn nur der informierte Flugschüler weiß schon jetzt: Oha, das riecht nach Alleinflug!

Denn was jetzt traditionell geschickt und unter allen möglichen Vorwänden mit einem anderen Fluglehrer eingefädelt wird, nennt man “Cross-Check”. Dabei soll durch einen zweiten, unvorbelasteten Fluglehrer festgestellt werden, ob der Flugschüler das Flugzeug am Boden, sowie in der Luft sicher beherrscht. Ist dies der Fall, wird der ahnungslose Flugschüler nach einigen Platzrunden wieder auf das Vorfeld dirigiert und der Fluglehrer verabschiedet sich mit den Worten:

“Wenn Du willst, kannst du jetzt noch ein paar Runden alleine fliegen…”

Dann ist es so weit. Du sitzt das erste Mal allein im Flieger. Startfreigabe, Vollgas, Bugrad abheben (in der Fliegersprache heißt das Rotieren), und ab hoch geht‘s.

Der erste Alleinflug – ein Wahnsinnsgefühl! Und unbeschreiblich. Insgesamt fliegt man drei Platzrunden alleine.

„… der Flieger steigt ja auf einmal wie eine Rakete“

Das ist der erste Gedanke. Verständlich, denn die 80 Kg Fluglehrer fehlen. Und diesen Gewichtsunterschied merkt man sehr deutlich beim Steigflug nach dem Start. Es folgt der Gegenanflug. Ein kurzer Moment ohne Arbeit. Ein kontrollierender Blick auf den leeren, rechten Sitz. Für die anstehende Landung werden dann alle Vorbereitungen getroffen: Mixture rich, Vergaservorwärmung, Leistung reduzieren, Fahrt abbauen, Landeklappen auf die erste Stufe. Allein Starten war einfach, die Aufregung vor der ersten Landung ohne Fluglehrer geht völlig in der hohen Konzentration unter. Eindrehen in den Queranflug. Fahrt weiter abbauen, zweite Stufe Landeklappen, Leistung einstellen. über Funk die Positionsmeldung abgeben. Endanflug. Volle Landeklappen. Höchste Konzentration. Landung. Klappen einfahren, Vorwärmung auf Kalt, Vollgas, durchstarten. Dasselbe wie immer, nur ohne Lehrer. Und es geht. Ich fliege die zweite Platzrunde und die dritte, dann lande ich und rolle das Flugzeug zu seinem Abstellplatz auf der Wiese.

Der nächste Abschnitt der Soloflugkarriere ist der erste Überlandflug mit Fluglehrerauftrag. Ganz alleine zu einem anderen Flugplatz. Der Duft der großen weiten Welt. Naja, jedenfalls für die paar Minuten bis zum nächstgelegenen Flugplatz. Und als Krönung der Ausbildung der “Dreiecks-Navigationsflug”, bei dem man auf zwei Flugplätzen landen muss, bevor man wieder zu seinem Heimatplatz zurückkehrt. Die Gesamtlänge der zurückgelegten Strecken beträgt dabei mehr als 270 km. Man kann als Beweis einen „Barographen“ mitführen, der das Höhenprofil während der gesamten Flugzeit aufzeichnet. In aller Regel genügt es aber, sich auf dem Turm der jeweiligen Flugplätze einen Stempel auf das Formular mit dem Fluglehrerauftrag abzuholen. Der eigene Fluglehrer hat zu diesem Zeitpunkt die Qualität der erfolgten Landung telefonisch vom Flugleiter erfragt.

Nun geht es mit großen Schritten auf die praktische Prüfung zu. Und damit man’s auch nicht vergisst, wird man in dieser letzten Phase regelmäßig daran erinnert:

”Wann ist es denn endlich bei Dir so weit?”

“Wolltest Du Dich nicht langsam mal zur Prüfung anmelden?”

“Und? Kennst Du Deinen Prüfer schon?”

Jeder ist an Dir dran, die Flugschülerkollegen, der Fluglehrer, sogar Dir völlig unbekannte Leute! Aber bevor man sich zur praktischen Prüfung anmeldet, simuliert man mit einem Fluglehrer (sinnvollerweise einer, mit dem man noch nicht vorher geflogen ist) den Prüfungsflug. Wenn dieser zufrieden mit der Leistung ist, dann kann die Anmeldung zur Prüfung erfolgen.

Die praktische Prüfung - die Stunde der Wahrheit

Du hast Dich zur Prüfung angemeldet, kennst Deinen Prüfer und hast nur noch wenige Tage bis zu Deinem Termin. Völlig normal, dass Du in dieser Zeit total am Rad drehst! Und jeden, der Dir über den Weg läuft, fragst Du immer dasselbe:” Kennst Du den Prüfer soundso? Wie ist der so? Was macht der so?” Und der beste Tipp ist immer noch der, den mir der Ausbildungsleiter zu dieser Zeit gab: “Mach ‘ne gescheite Flugvorbereitung und flieg’ ordentlich!”

Dann ist er da, der Tag der Wahrheit, an dem man das Erlernte einem Sachverständigen vorführen darf. Man muss eine komplette Flugvorbereitung machen, mit Gewichts- und Schwerpunktberechnung und allem Drum und Dran. Der Sachverständige prüft diese und fliegt mit einem dann entweder genau diese Strecke – vielleicht aber auch etwas ganz anderes ab. Auf dem Weg zum Flugzeug fragt er ein paar Sachen, die man aus der Theorie noch wissen sollte. Man findet auch meistens eine passende Antwort, zumindest jedoch eine passende Ausflucht. Am Flugzeug angekommen, wird der Sachverständige wahrscheinlich ein paar Fragen zum Flugzeug stellen: wozu die 7 Lufteinlässe da sind, und welcher für welches Bauteil zuständig ist. Oder wozu die Trimmung dient und welche diese Antenne da oben ist.

Nach erledigtem Außen Check fragt er ein paar Dinge über die “Innereien” des Cockpits. Was ist das für ein Instrument, was macht der Schalter dort, was ist der Hebel hier. Dann wird entsprechend der Checkliste – die uns immer begleitet – das Triebwerk gestartet und man rollt zur aktiven Startbahn, nachdem man die Rollinformationen bei “Egelsbach-Vorfeld” eingeholt und bestätigt hat. Natürlich ist das Bugrad immer exakt auf der gelben Linie, wie wir das in der Ausbildung gelernt haben.

Nach den Preflight-Checks am Rollhalt meldet man abflugbereit bei “Egelsbach-Radio” danach geht es auf die Bahn und ab. Häufig wird die vorbereitete Strecke zunächst mit terrestrischer Navigation abgeflogen. Das heißt man orientiert sich in der Luft an Autobahnen, auffälligen Landschaftsmerkmalen oder Sendetürmen. Zusätzlich darf man im Verlauf der Prüfung auch z.B. das eingebaute GPS oder die VOR-Empfangsanlage verwenden. Hat man seine Zielflugplätze erreicht, geht es nach einer Pause weiter mit Steilkurven, Langsamflug, Stalls, Ziellandung, Seitenwindlandung, Durchstarten. Gut 2:00 Stunden ist man in der Luft, aber diese 2 Stunden vergehen im wahrsten Sinne wie im Fluge. Geht alles soweit gut, fliegt man nach Hause. Bei mir lag die größte Schwierigkeit übrigens jetzt darin, mein blödes Grinsen zu unterdrücken, weil bisher alle Übungen und Navigationen prima funktioniert haben. Aber noch ist es nicht soweit, denn eine klitzekleine Hürde gilt es noch zu überwinden. Eine Landung ohne Landeklappen, die fast schon Tradition hat. Der Prüfer will auch wissen, ob der Prüfling die Maschine wieder herunterbekommt, wenn mal die Klappen nicht funktionieren sollten. Geht auch das gut, so hörst Du nach dem Touchdown ein “Herzlichen Glückwunsch"!