Die praktische Ausbildung - endlich ab in die Luft
Bereits während der Theorieausbildung geht man das erste Mal mit seinem Fluglehrer in die Luft. Man sitzt in einer Schulmaschine (in der Regel eine CESSNA C150 oder die Katana DA20) und fliegt von Anfang an selbst.
Hier ist es wichtig zu erwähnen, dass der Fluglehrer einem bereits in der ersten Flug-Viertelstunde Respekt vor dem Flugzeug und der dritten Dimension vermittelt. Mein Fluglehrer hatte hierfür die Idee, mir kurz nach dem Start in Egelsbach über der A5 das Gas herauszuziehen: “Schau mal, wir können auch den Motor ausmachen”. Ich fand es gar nicht lustig, denn es ging sogleich bergab – der Respekt war da – und ist es immer noch! Nicht, dass man gleich runterfällt, wenn der Motor ausfällt. Nein, man kann ganz normal weiterfliegen, nur halt eben in einem steten Sinkflug, dem sogenannten Gleitflug. Aber dem unbedarften Flugschüler, der ganz nervös seinen ersten Flug machen darf, kommt so etwas zunächst unerwartet in die Quere. Und das steigert den Respekt merklich. Und das ist gut so!
Zunächst lernt man geradeaus zu fliegen und die gewünschte Flughöhe zu halten. Bald darauf lernt man, beides gleichzeitig zu tun :-). Man fliegt flache Kurven und bekommt ganz langsam Vertrauen in das unbekannte Objekt. Schon bald macht man Steilkurven, lernt gleichzeitig eine Kurve zu fliegen und dabei Geschwindigkeit und Höhe zu halten, man simuliert Stalls (den oft gefürchteten Strömungsabriss, bei dem der Auftrieb des Flugzeuges verloren geht und man sehr schnell sehr viel Höhe verlieren kann, wenn man nichts dagegen tut) und begreift sehr schnell, dass diese Übungen dazu dienen, das Verhalten des Flugzeuges auch in diesen Situationen zu begreifen und zu beherrschen. Durch das “Erfliegen” der Flugzustände im Langsamflug mit oder ohne Landeklappen, in Kurven oder geradeaus – jedenfalls immer mit genügend Luft unter den Flügeln, sprich in ausreichend großer Flughöhe – bekommt man ein Gefühl für “sein” Flugzeug, um es auch in Bodennähe sicher fliegen zu können. In diesem Zusammenhang fällt mir gerade ein, dass es schon recht seltsam ist, dass fast jeder Flugschüler am Anfang Angst vor dem Boden hat. Wahrscheinlich liegt es daran, dass einem – je näher man dem Boden kommt – die tatsächliche Geschwindigkeit immer bewusster wird. Dies zu überwinden dauert mitunter eine ganze Weile.
Aber weiter im Text. Man macht Notlandeübungen (Ziellandungen), bei denen der Fluglehrer in ausreichender Höhe über einem ausgewählten Flugplatz das Gas herauszieht und man ohne Motorleistung die Landebahn im ersten Drittel sicher erreichen muss. Hierbei sind auch Flugmanöver erlaubt, die von außen dann etwas “unprofessionell” aussehen und die Besucher auf der Flugplatzrestaurant-Terrasse rufen “Was ist das denn für ein Idiot” oder “Der stürzt ja ab” oder so. Es sieht eben manchmal komisch aus. Aber: Wir simulieren hier eine Notsituation, und da ist innerhalb der Betriebsgrenzen des Flugzeuges alles erlaubt, was zu dem gewünschten Erfolg führt. Denn im Notfall geht es nicht, dass man den verkorksten Anflug abbricht und es nochmal probiert, sondern es gibt nur einen Versuch. Und der muss sitzen. Also: Abzug in der B-Note, dafür eine sichere Landung und alles wird gut.
Stichwort Anflug abbrechen: Ein ganz normaler Vorgang, ein ganz normales Flugmanöver. Man übt dies während der Ausbildung immer immer wieder. Für Piloten also ganz normal. Nicht immer für die Passagiere, die von diesem Manöver in der Regel überrascht werden. Man sieht die Landebahn immer näher kommen, das Flugzeug gleitet mit wenig Motorleistung Richtung Erde. Gleich macht es RUMMS, und die Erde hat uns wieder. Da plötzlich wird es laut im Flieger, man wird durch die Beschleunigung in den Sitz gepresst, die Nase geht nach oben und die Gegenstände auf der Erde werden wieder kleiner. Da kann man sich schon mal erschrecken: der Pilot startet durch. Es gibt viele Gründe, die man nennen könnte, warum ein Pilot durchstartet. Nur einer ist immer dabei: Der Pilot kann eine sichere Landung nicht zweifelsfrei sicherstellen. Und dann gibt es nur eines: konsequent durchstarten. Ohne Kompromisse! Und das wird von den unbedarften Passagieren oft als gefährlich eingestuft. Oder vielleicht sogar in Frage gestellt (“Warum konnte das Flugzeug vorher landen, warum konnte das mein Pilot nicht?”) Dies ist aber falsch. Denn der gute Pilot entscheidet sich immer zum Durchstarten, bevor er mit dem Gedanken landet “wird schon gut gehen…”